Spirituelle Krisen - Ursachen

 

Es ist gar nicht so leicht, über dieses Thema in der Öffentlichkeit zu berichten, denn eigentlich wollen die wenigsten hören von spirituellen Krisen und noch weniger von Notfällen, die durch die Anwendung diverser esoterischer Techniken entstehen können. Wenn man sich spirituell ausrichtet, will man am liebsten nur Leichtigkeit und Bewusstseinserweiterung bis hin zur Gotteserfahrung finden, und das alles möglichst ohne große Anstrengung. Dann möchte man nicht hören, dass der Weg durch Krisen führen kann und wird. Jedenfalls ist meine Erfahrung, dass gerade jüngere spirituell orientierte Berater diesem Thema eher ablehnend begegnen. Für viele scheinen Krisen etwas zu sein, was auf einen groben (Verhaltens)Fehler hinweist und der Änderung bedarf. Das ist aber oft nicht hilfreich für diejenigen, die gerade den Tod ihres Egos erleben als Folge echten spirituellen Fortschritts!

In sämtlichen alten und ehrwürdigen Schriften wird darauf hingewiesen, dass spirituelle Krisen spätestens dann entstehen, wenn die ersten wirklich wichtigen Entwicklungsschritte gegangen werden und man sich aus der Erprobungs- und Spielzone hinausbewegt.

Die klassischen spirituellen Krisen entstehen durch die innere Gottesbegegnung oder eine dadurch ausgelöste Schlüsselerfahrung, die nachhaltig alle alten Weltbilder infrage stellt und bewirken kann, dass sämtliche bisher gelebte Lebensstrategien keine Wahrheit und Gültigkeit mehr haben. Der Blick hat sich verändert, das alte Leben passt nicht mehr, das neue Leben ist bislang nicht sichtbar.

Doch gibt es auch eine wichtige Scheidelinie! Denn psychisch labile Menschen, die gleichzeitig Esoteriker sind, haben meistens KEINE spirituelle Krise, sondern benötigen Hilfe zur Stabilisierung ihrer Persönlichkeit. Spiritualisierung geistiger Erkrankung und psychischer Labilität ist heute ebenso verbreitet wie die Pathologisierung echter spiritueller Wachstumskrisen!

Echte spirituelle Krisen haben IMMER mit einer intensiven spirituellen Lebensweise, der Suche nach Gott und dem Leben nach hohen ethischen Richtlinien und spirituellen Geboten zu tun!

 

Nachfolgend eine kleine Definition über spirituelle Krisen, die sich auf eigene Erfahrungen stützt:

1. Spirituelle Krisen, die aufgrund einer zunehmenden Gottesnähe entstehen. Dadurch geraten innere Werte, die bisher absolute Gültigkeit hatten, zunehmend ins Schwanken und der Mensch gleich mit. In diesem Falle ist äußerlich oft gar nichts von der Krisensituation in der Mitwelt widergespiegelt; es ist ein rein innerlicher Prozess zwischen Mensch/ Psyche (Persönlichkeit) und Seele - Geist/Gott.

2. Spirituelle Krisen, die das äußere Leben massiv beeinträchtigen. Dazu gehören Werteumstürze, die eine völlige Neuanpassung der herrschenden Lebensumstände erforderlich machen. (Arbeitsplatzwechsel, Freunde passen nicht mehr aufgrund ihres Lebenswandels, man verzweifelt an der zerstörerischen Lebensführung der Menschheit, usw.)
Die Notwendigkeit, zwischen neuen Erkenntnissen und weltlichen Begebenheiten zu jonglieren, mit der Auflage, für das Leben sorgen und Geld verdienen zu müssen, kann teilweise massive Krisen hervorrufen. Diese erzeugen einen Zwiespalt zwischen materieller und spiritueller Welt, bis der durch Synthese (Gott in allem, bedingungslose Liebe) geheilt wird. Dann wurde ein wichtiger Fortschritt erreicht und es kehrt vorerst wieder Frieden ein.

3. Spirituelle Krisen, die aufgrund einer massiven inneren Blockade entstehen, wenn das innewohnende höhere Selbst anderes will als die eher weltlich ausgerichtete Persönlichkeit. Dann entsteht der innere Kampf gegensätzlicher Energien, sie prallen aufeinander und alles verdüstert sich. Die Fragen, die hier die Betroffenen oft stellen, lauten: „Warum hat Gott mich verlassen? Bin ich gefallen? Was habe ich jetzt (wieder) verbrochen?” Meistens hatten diese Menschen vorher Erlebnisse, die unter Punkt 1 und 2 genannt wurden, aber nicht immer. Es gibt meiner Erfahrung nach auch einige Menschen, die ihren Weg an dieser Stelle beginnen.

4. Sehr dunkle spirituelle Krisen entstehen, wenn die Persönlichkeit sich zunächst gegen das höhere Selbst durchsetzt und ihre materiellen Ansprüche behauptet: das nennt man auch oft „die dunkle Nacht der Seele“, da diese zunächst (scheinbar) kaum die Gelegenheit erhält, die Persönlichkeit zur spirituellen Anhebung zu durchdringen. Hier gibt es wieder viele Spielarten, die bis tief hinein in den Bereich der großen Verdunkelung führen. Die „Unterwelt“ wird dadurch aufgesucht und eine tiefe Bewusstwerdung durch Schattenintegration beginnt. (Dazu gibt es auch Buch von Johannes vom Kreuz "Die dunkle Nacht".)

5. Eine sehr interessante Form der spirituellen „Krise“ ist die Verweigerung, nach einer oder mehreren Gotteserfahrungen (oder Bewusstseinserweiterungen) das Leben auf der Erde fortzuführen, da man es entweder als illusorisch (mich gibt es nicht), zu banal oder unpassend ansieht. Einige geraten dadurch in die Gefahr des Abhebens, was zu vielfältigen Störungen führen kann im Umgang mit der Mitwelt; z. B., wenn die Verweigerung so weit geht, dass akute Lebensbewältigungsthemen nicht mehr angenommen werden und somit die gesund erhaltende Struktur langsam zerbröselt. Eine andere Form der Verweigerung besteht darin, die Schöpfung von vornherein massiv abzulehnen und sich nicht einbringen zu wollen. Allerdings ist hier langfristig gesehen keine Gefahr für den Betroffenen, denn durch kräftige Anstöße von außen oder durch erneute innere spirituelle (Gottes)Erlebnisse wird deutlich gemacht, was der höhere Wille möchte. So manch ein Verweigerer konnte dadurch langfristig wieder zur „Mitarbeit an der Schöpfung” bewegt werden. Diese Menschen sind nicht eigentlich in einer spirituellen Krise als vielmehr in einer spirituellen „Motivationskrise“ befangen.

Dass natürlich in den einzelnen Punkten wieder einige Unterscheidungen nötig sind, versteht sich. Und dass man eine solche Aufstellung noch ganz anders aufbauen kann, ebenso. Ich bleibe nur gern sehr dicht an den Erfahrungen aus der eigenen Praxis.

Doch trenne ich deutlich spirituelle Krisen von Notfällen, die z. B. durch die Anwendung esoterischer Techniken entstanden sind.

Der große Andrang von Hilfesuchenden in diesem Bereich zeigt deutlich, dass immer mehr Menschen große Probleme bekommen, weil sie zu vertrauensvoll oder nicht vorbereitet genug in Einweihungen, (Lichtkörper-)Seminare oder Behandlungen gegangen sind. Unsere Ordner sind voll von furchtbaren Fallbeispielen, und manchmal möchte man ganz traurig werden. Wäre da nicht das Wissen, dass alles eine Berechtigung hat, auf einer zu einem anderen Zeitpunkt getroffenen Wahl beruht (das Ignorieren der inneren Stimme oder Warnung gehört auch dazu), und alles zumindest einen Lehrwert hat.

Die Arbeit mit den echten spirituellen Krisen ist voller Licht und Gottesnähe, obwohl diese trotzdem dramatisch sein können; jedoch empfinde ich die Arbeit mit esoterischen Notfällen grundsätzlich als finster.

Man könnte letztere auch mit dem Punkt 4 der obigen Aufzählung in Einklang bringen, denn diese schweren Krisensituationen entstehen ja meist genau aus diesem Zusammenhang heraus:

- nicht hören auf die innere Stimme,

- etwas durch die Kraft und den Willen des Egos unbedingt durchzusetzen,

- usw.

Herauszufinden, um welche Art der spirituellen Krise es sich handelt, ist oft nicht leicht. Die Grenzen verwischen sich schnell, was vermutlich auch davon abhängt, wie die spirituelle Kernausrichtung eines Menschen ist. Lebt er Gott und dem höheren Selbst zugewandt, sind die Krisen stabiler und haben Pausen zwecks Erholung und Integration.

Lebt jemand sehr auf das Ego bezogen, strebt nach persönlicher Erhöhung und Macht, dann wirken diese Krisen sehr zerstörerisch ein und können einen Menschen auf Dauer psychisch schwer krank werden lassen.

Die Ausrichtung auf die spirituellen Gebote und die hohen Werte des Guten, und die Bereitschaft, Veränderung hin zum Besseren zu gestatten, sind Garanten dafür, dass diese Krisen schnell wieder enden und man am Ende ein neuer und besserer Mensch geworden ist!

 

Manuela Schindler (C)
29.2.08, überarbeitet 2014